Es mangelt nicht an Fachkräften. Zumindest ist das nicht das zentrale Problem in der IT und der Digitalisierung. Es mangelt aber an elementarer strategischer Kompetenz im Umgang mit IT- und Digitalprojekten.
Wenn jemand beruflich Internet- und Webprojekte betreut, und den Unterschied zwischen einem Client und einem Server nicht kennt, dann ist das wirklich ein grundsätzliches Problem. Und das die allermeisten Entscheidungsträger wiederum dies nicht verstehen, ist ein um so größeres Problem.
Ich habe dazu auch schon Gegenargumente gehört, zum Beispiel dieses hier:
Der Internetprojektleiter muss technische Details nicht wissen, es reicht, wenn er Projekte verkaufen kann. Genau wie der Autoverkäufer nicht wissen muss, wie ein Auto funktioniert.
Dieser Satz ist grundfalsch. Und an dieser Haltung zeigt sich das elementare Problem in der aktuellen Phase der Digitalisierung.
Ein Autoverkäufer muss natürlich keinen Motor reparieren oder gar bauen können, aber er sollte den Unterschied zwischen dem Auto und der Straße kennen. Und er sollte den Unterschied kennen zwischen einem PKW und einem Schwerlasttransport und auch eine grobe Vorstellung davon haben, wozu beide geeignet sind. Und wozu nicht. Und sei es nur, damit er den Kunden weiter schicken kann weil er ihm tatsächlich nicht helfen kann. „Das SUV ist dafür eher ungeeignet, schauen Sie sich doch mal unsere Lieferwagen an.“ oder „Dafür brauchen Sie einen 30-Tonner, das klappt sonst nicht.„
Das ist irgendwas mit Internet, ich hab da einen, der kann das.
Haarsträubendes kommt dabei zustande, und dann geht das Gejammer über den „Mangel an Fachkräften“ los. Der Typ, der die Datenbank auf Cassandra migriert kann auch mal eben den Drucker reparieren und den Router neu booten. Das ist so, als würde ich von einem Radiologen erwarten, dass er mal eben zwischendurch eine Herz-OP vornimmt oder die Farben auf einen Portraitfoto korrigiert. Der Radiologe guckt sich ja auch nur den ganzen Tag Bilder an, oder?
Vielleicht ist er tatsächlich gleichzeitig erfahrener Herzspezialist. Diese Kombination ist aber – natürlich – um Größenordnungen seltener. Und wenn die Kombination aus Radiologe und Herzchirurg in Personalunion wichtig ist, kann man gleich mal 60% auf das Gehalt aufschlagen. Für 80 000 Euro / Jahr gibt es die nicht.
Sicherlich, auf der einsamen Insel, wenn eine Not-OP zwingend notwendig ist, wird der Radiologe mehr von Anatomie wissen als der Klempner und vielleicht sogar eine OP versuchen können – da könnte es aber sein, dass die Überlebenschance dem entsprechend gering ausfällt. Der Radiologie ist keine Fachkraft für komplexe Herzchirurgie. Und wenn man brauchbare Ergebnisse haben will, ist es unsinnig von einem Experten die Lösung für komplett andere Problemfelder zu verlangen.
Technologien sind eine geschäftsstrategische und meistens missionskritische Entscheidung, daran hängt alles andere.
Es mangelt nicht an Fachkräften oder Technologie, es mangelt an digitaler Kultur und einen Bewusstsein dafür.